Gut-Brain-Axis Reizdarm
Diagnostik Reizdarm-assoziierter Symptome
Darm und Gehirn sind miteinander verbunden. Sie kommunizieren bidirektional über die sogenannte Darm-Hirn-Achse (Gut-Brain-Axis). Fachlich wird das Reizdarmsyndrom nicht mehr nur als eine gastrointestinale Störung betrachtet. Vielmehr wird es inzwischen als medizinisch unerklärbare Störung der bidirektionalen Kommunikation zwischen Darm und Gehirn anerkannt1.
Im Rahmen unserer Gut-Brain-Axis Reizdarm-Diagnostik bestimmen wir Histamin, GABA, Tryptophan und Serotonin im Stuhl. Diese bilden eine wichtige Grundlage, um das komplexe Krankheitsbild des Reizdarmsyndroms zielgerichtet zu behandeln.
Gut-Brain-Axis und assoziierte Symptome
Die mit dem Reizdarmsyndrom assoziierten Störungen der Darm-Hirn-Interaktion äußern sich in vielfältiger Weise. So leiden Reizdarmpatientinnen und -patienten unter anderem an:

- viszeraler Hypersensitivität
- Schmerzen
- Schlafstörungen
- Motilitätsstörungen (Diarrhö und/oder Obstipation)
- Übelkeit und Erbrechen
- Entzündungen
In der Darmschleimhaut von Betroffenen mit Reizdarmsyndrom finden sich zudem häufig pathophysiologische Veränderungen wie ein übermäßig durchlässiges Darmepithel (Leaky-Gut-Syndrom)2.
KyberBiom® und Permeabilitätsmarker

Eine Dysbiose der Darm-Mikrobiota und das Leaky-Gut-Syndrom sind typisch für viele Reizdarm-Patientinnen und -Patienten. Deshalb empfehlen wir die Kombination der Gut-Brain-Axis Reizdarm-Diagnostik mit der KyberBiom®-Diagnostik inklusive Bestimmung der Permeabilitätsmarker Zonulin und α1-Antitrypsin, um eine ganzheitliche Therapie Reizdarm-assoziierter Symptome zu ermöglichen.
Gut-Brain-Axis Reizdarm: Parameter
Die Darm-Mikrobiota beeinflusst eine Reihe von enteralen Substanzen wie Hormone und Neurotransmitter. Diese modulieren die Darm-Hirn-Interaktion und die Darmschleimhaut und tragen somit zum Reizdarm-Geschehen bei.
Zu diesen Substanzen gehören:
Enterales Histamin verstärkt das Reizdarmsyndrom mehrfach

Histamin fördert Schmerzen, Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen über enterale Nerven. Es verstärkt zudem Stress sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Histamin führt außerdem zu einer erhöhten Permeabilität der Darmmukosa und trägt somit zum Leaky-Gut-Syndrom bei. Histamin wirkt zudem entzündungsfördernd.
Histamin-Rezeptor vermittelte Symptome
Histamin im Darm wirkt als Gewebshormon und Neurotransmitter vielfach auf die Reizdarm-Symptomatik. Im Darm bindet Histamin an H1-Rezeptoren enteraler Nerven der Submukosa und triggert so Schmerzen, Diarrhö sowie Übelkeit und Erbrechen3,4. In den Nebennieren bewirkt Histamin über Bindung an H1-Rezeptoren die Ausschüttung von Adrenalin. Damit kann Histamin den Stresszustand des Reizdarm-Betroffenen erhöhen5. Permanenter Lebensstress gilt sowohl als Auslöser als auch als prognoserelevant für die Heilung eines Reizdarmsyndroms2,6. Über H1-Rezeptoren von Gehirn-Neuronen wirkt Histamin ähnlich stimulierend wie Koffein. So kann ein Übermaß an Histamin Ein- und Durchschlafstörungen begünstigen5.
Histamin fördert Leaky-Gut-Syndrom und niedriggradige Entzündungen
Viele Reizdarm-Patientinnen und -Patienten leiden unter pathophysiologischen Veränderungen der Darmmukosa wie dem Leaky-Gut-Syndrom2 und niedriggradigen Entzündungen (Silent Inflammation)7. Histamin erhöht die Permeabilität der Darmmukosa und trägt so zum Leaky-Gut-Syndrom bei3. Zudem moduliert Histamin über neutrophile Granulozyten und regulatorische T-Zellen das angeborene und erworbene Immunsystem und wirkt so auf mehreren Wegen entzündungsfördernd8.
Wie kommt Histamin in den Darm?
Es gibt vier Quellen, die den Histamingehalt im Darm erhöhen können. Dies sind zum einen bestimmte Nahrungsmittel, aber auch Medikamente (eine Übersicht finden Sie hier). Außerdem produzieren bestimmte Darmbakterien größere Mengen an Histamin9. Darüber hinaus synthetisieren auch menschliche Zellen Histamin, z. B. enterochromaffine Zellen der Darmschleimhaut9. Hinzu kommen die enteralen Mastzellen, die als Schlüsselfaktoren für das Reizdarmsyndrom gelten10. Sie können große Mengen an Histamin freisetzen.
Mastzellen sind Histamin-Bomben
Histamin ist die häufigste von mehreren hundert Substanzen, die von Mastzellen gespeichert werden5,9. Werden Mastzellen aktiviert, kommt es zur Degranulation und Freisetzung von Histamin und anderen Substanzen wie Proteasen. Diese begünstigen wie Histamin Schmerzen11 und ein Leaky Gut bei Reizdarmbetroffenen12,13.
Mastzellen kommen natürlicherweise im Verdauungstrakt vor. Dort umgeben sie Blutgefäße, Neuronen und Nervenfasern und unterstützen den Schutz der einzelligen Darmbarriere5. Im Darm von Reizdarmpatientinnen und -patienten finden sich jedoch erhöhte Zahlen an Mastzellen und pathologische Mastzellstrukturen. Das Reizdarmsyndrom führt zu einer leichteren Degranulation der Mastzellen im Vergleich zu Gesunden12,13. Reizdarmpatientinnen und -patienten haben also grundsätzlich ein hohes Histaminpotential im Darm. Auch mechanische Reize führen zur Degranulation von Mastzellen, z. B. wenn Meteorismen die Darmwand dehnen.
Eine FODMAP-arme Diät kann hohe Histaminspiegel senken
Eine FODMAP-arme Ernährung lindert oft Reizdarm-Symptome. Es entstehen weniger Gase und damit weniger schmerzhafte Dehnungsreize, welche die Histaminfreisetzung aus den Mastzellen triggern. Infolgedessen sinkt der Histaminspiegel unter einer FODMAP-armen Diät bis um das Achtfache14. Unsere KyberBiom®-Diagnostik kann den Erfolg einer FODMAP-armen Ernährung für Ihre Reizdarm-Patientinnen und -Patienten prognostizieren.

Histaminintoleranz
Bei hohen Histamin-Werten empfehlen wir die differentialdiagnostische Abklärung einer Histaminintoleranz. Bei Vorliegen einer Histaminintoleranz kann eine Histamin-arme Ernährung Reizdarm-assoziierte Beschwerden lindern.
GABA lindert Reizdarm-Schmerzen

GABA ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im zentralen und peripheren Nervensystem. Der Neurotransmitter hemmt das intestinale Schmerzempfinden über die Darm-Hirn-Achse.
GABA lindert Schmerzen
Der Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure, kurz GABA, ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im zentralen und peripheren Nervensystem15. GABA hat eine Vielzahl von Funktionen. Dazu gehört die Regulation von Angst, Stress, des zirkadianen Rhythmus und des Schlafes. Zusätzlich trägt GABA zur Verbesserung des Gedächtnisses und der Stimmung bei und beeinflusst unser Schmerzempfinden16. GABA wird unter anderem von Darmbakterien, wie bestimmten Bifidobakterien und Laktobazillen, gebildet. Sie blockiert die neuronale Weiterleitung von Schmerzreizen aus dem Darm zum Gehirn. Enterale GABA hemmt also über die Darm-Hirn-Achse das intestinale Schmerzempfinden16. Wie aktuelle Studien zeigen, hemmt GABA auch die Aktivierung von Nozizeptoren im enteralen Nervensystems des Darms.
GABA wirkt pH-abhängig
Die Neurone des enterischen Nervensystems haben keinen direkten Kontakt zum Darmlumen17. GABA wirkt daher erst nach Aufnahme über GABA-Transporter der Darmepithelzellen schmerzlindernd18.
Wichtig zu wissen: Die GABA-Transporter sind pH-abhängig. Wie Untersuchungen an Zellkulturen zeigen, ist ein pH-Wert zwischen 5,3 und 6,2 optimal. Bereits ab einem pH-Wert von 6,5 nimmt die Aufnahmefähigkeit der Darmepithelzellen für GABA stark ab. Bei pH-Werten von 7,7 bis 8 passiert kaum noch GABA die Epithelbarriere18. Ein physiologischer, saurer pH-Wert im Darm ist Voraussetzung für die Wirkung von GABA: Reizdarmschmerzen effektiv zu lindern.
Tryptophan unterstützt vielseitig bei Reizdarmbeschwerden

Tryptophan unterstützt eine intakte Darmbarriere. Ein physiologischer Tryptophan-Stoffwechsel wirkt entzündungshemmend, fördert die psychische Gesundheit und verbessert die Schlafqualität.
Tryptophan schützt die Darmbarriere
Tryptophan ist eine Schlüsselsubstanz für viele physiologische Abläufe im menschlichen Körper. Der größte Teil des Tryptophans aus Nahrungsprotein wird im Dünndarm absorbiert19. Einen kleinen Teil des aufgenommenen Tryptophans nutzt der Körper für die Herstellung von Proteinen20. Wie tierexperimentelle Studien zeigen, steigt unter Gabe von Tryptophan die Menge verschiedener Proteine im Darm an, die eine intakte Darmbarriere unterstützen. Dazu gehören verschiedene Tight-Junction-Proteine, der Schleimhautschutz-Antikörper sIgA und die sogenannten β-Defensine21. β-Defensine sind antimikrobielle Peptide, die als Teil der angeborenen Immunabwehr die Darmbarriere schützen. Zudem kann Tryptophan das sogenannte mTOR-Signalsystem aktivieren21. Es initiiert die Neubildung und Teilung von Enterozyten und damit die Neubildung und Reparatur des Darmepithels22. Tryptophan trägt so zu Reparaturprozessen des Darmepithels bei.
Tryptophan-Metabolite wirken entzündungshemmend
Der größte Teil des Nahrungs-Tryptophans wird im Dünndarm absorbiert. Eine gewisse Tryptophan-Menge gelangt jedoch auch in den Dickdarm, wo es von physiologischen Bakterien zu entzündungshemmenden und antioxidativ wirkenden Indol-Verbindungen abgebaut werden kann19. Zusätzlich entsteht aus Tryptophan Kynureninsäure, die antioxidativ, neuroprotektiv und entzündungshemmend wirkt23.
Tryptophan unterstützt die psychische Gesundheit und Schlaf
Etwa 3-4 % des aufgenommenen Tryptophans verbraucht der Körper für die Serotoninsynthese in Gehirn und Darm. Im Darm entstehen 95 % des Serotonins im menschlichen Körper23,24,25, auch über bestimmte Darmbakterien26. Serotonin passiert nicht die Blut-Hirn-Schranke23. Tryptophan hingegen kann mit Hilfe von Transportsystemen ins Gehirn gelangen24. Eine ausreichende Aufnahme von Tryptophan über die Nahrung ist essentiell, damit der Körper ausreichende Serotoninmengen bilden und so Stimmungsschwankungen entgegenwirken kann. Viele Reizdarm-Patientinnen und -Patienten leiden zudem unter schlechter Schlafqualität27. Tryptophan ist Ausgangssubstanz für die Melatoninsynthese und unterstützt so die Schlafqualität.
Darmbakterien, Probiotika und Tryptophan
Tryptophan ist eine sogenannte essentielle Aminosäure. Der menschliche Körper kann Tryptophan also nicht selbst bilden. Unsere Nahrung ist die Hauptquelle für Tryptophan23,28. Einige Darmbakterien, darunter E. coli, sind jedoch in der Lage, Tryptophan zu produzieren. Allerdings trägt die Darmmikrobiota nur geringfügig zur Tryptophanversorgung des Körpers bei. Wie Tierversuche gezeigt haben, kann die Gabe von probiotischen Bakterien zur Tryptophanversorgung beitragen. Dabei erhöhte die Gabe von Bifidobacterium infantis den Tryptophanspiegel im Plasma und verminderte die Bildung der proinflammatorischen Zytokine TNF-α, IL-6 und INF-γ29.
Fruktoseintoleranz mindert verfügbares Tryptophan
Die Fruktose-Malabsorption, auch als intestinale Fruktoseintoleranz bezeichnet, tritt häufig bei Erwachsenen auf. Dabei führt eine verminderte Aktivität des Transportproteins GLUT-5 zur unvollständigen Fruktose-Aufnahme über die Dünndarm-Mukosa in das Blut. Damit bleiben unphysiologisch hohe Fruktose-Mengen im Darm zurück, die vermehrt Komplexe mit Tryptophan bilden. In Folge gelangt weniger Tryptophan aus dem Darm in das Blut und damit auch in das Gehirn. Die Abklärung einer Fruktoseintoleranz kann also einen physiologischen Tryptophan-Haushalt im Körper und damit die positiven Wirkungen von Tryptophan bei Reizdarm unterstützen.
Weitere Informationen zur Diagnostik einer Fruktoseintoleranz finden Sie hier.
Serotonin beeinflusst Darmperistaltik und Schmerzempfinden

Reizdarm-Patientinnen und -Patienten haben veränderte Serotoninspiegel im Darm2. Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) ist ein Neurotransmitter, der hauptsächlich in enterochromaffinen Zellen des Dünndarms gebildet wird. Über verschiedene Rezeptoren beeinflusst Serotonin unter anderem die Darmperistaltik und das Schmerzempfinden30. Im Darm sind hierbei vorrangig die Serotonin-Rezeptoren 5-HT1, 5-HT3 und 5-HT4 beteiligt.
Rezeptor-abhängige Wirkung von Serotonin
Hohe Serotoninlevel begünstigen über den 5-HT3-Rezeptor viszerale Schmerzen2,31,32 und Übelkeit32. Aktiviert Serotonin übermäßig die 5-HT3- und 5-HT4-Rezeptoren, führt dies zu vermehrten Kontraktionen im Darm, womit die Darmperistaltik gefördert wird. Das begünstigt die Entstehung von Diarrhö7,33,34,35. Bindet Serotonin jedoch an den 5-HT1-Rezeptor, so kann die Peristaltik auch gehemmt werden31. Somit kann eine Obstipation entstehen. Niedrige Serotoninlevel begünstigen allgemein eine Obstipation7,31,32.
Enterische Nerven von Reizdarm-Patientinnen und -Patienten können Phasen von Sensibilisierung und Desensibilisierung durchlaufen2. Insbesondere beim gemischten Reizdarm-Typ spielt dies möglicherweise eine Rolle, da Durchfälle und Obstipation kurzfristig immer wieder abwechselnd auftreten.
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