Vitamin B12 (Holotranscobalamin)
Etwa fünf bis zehn Prozent der jungen Erwachsenen sind von einem Vitamin-B12-Mangel betroffen. Bei älteren Erwachsenen steigt die Prävalenz auf bis zu 30 Prozent.
Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel sind:
- Veganer, teilweise auch Vegetarier
- Magersüchtige
- chronisch Magen-Darm-Kranke
- Menschen mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen (Alkoholiker)
- Schwangere und Stillende
- Säuglinge, besonders wenn sich die Mutter vegan ernährt
- Dauernutzer von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) und Metformin
Da ein Mangel mit unspezifischen Symptomen wie Konzentrationsschwäche, Müdigkeit oder blasse Haut einhergeht und neurologische Defizite oft irreversibel sind, ist eine rechtzeitige Diagnostik entscheidend.
Vitamin B12 kann als einziges wasserlösliches Vitamin im menschlichen Körper gespeichert werden. Deshalb macht sich eine Vitamin B12-Unterversorgung manchmal erst nach Jahren bemerkbar.
Diagnostik-Parameter: Holotranscobalamin
Das Holotranscobalamin (Holo-TC) ist die aktive Form des Vitamin B12: Der Komplex aus Vitamin B12 und Transcobalamin II - einem Transportprotein - zirkuliert im Blut und macht etwa 6 bis 20 Prozent des Plasma-Vitamin B12 aus. In dieser Form ist das Vitamin B12 für alle Zellen nutzbar.
Der größere Teil des Plasma-Vitamin B12 ist dagegen an Haptocorrin gebunden und kann nur von der Leber aufgenommen werden.
Erniedrigte Holotranscobalamin-Werte können einen Vitamin B12-Mangel bereits anzeigen, wenn sich die Vitamin B12-Speicher gerade erst zu leeren beginnen. Daher ist es ein geeigneter Frühmarker.
Gesamt-Vitamin-B12 im Serum ist dagegen ein relativ unsensitiver und unspezifischer Biomarker eines B12-Mangels, der erst spät anspricht.
Die klassischen klinischen Manifestationen mit makrozytärer Anämie und neurologischen oder psychiatrischen Symptome zeigen sich erst bei lang anhaltendem Mangel.
Die hämatologischen Veränderungen sprechen in der Regel gut auf eine Vitamin-B12-Therapie an, während neuropsychiatrische Schäden häufig irreversibel sind. Deshalb ist eine regelmäßige und frühzeitige Kontrolle der Vitamin B12-Werte bei Risikogruppen angezeigt.
Wie kommt es zu einem Vitamin B12-Mangel?
Für einen Vitamin B12-Mangel gibt es mehrere Gründe:
- Eine zu geringe Vitamin B12-Zufuhr – besonders bei Veganern und vielen Vegetariern
- Eine ungenügende Vitamin B12-Aufnahme im Körper durch einen Mangel am Intrinsic Factor oder durch geschädigte Darmschleimhautzellen
- Ein erhöhter Verbrauch von Vitamin B12 - beispielsweise bei Schwangeren und Stillenden
- ein Verlust von Vitamin B12 - zum Beispiel durch chronische Lebererkrankungen
- Die Einnahme bestimmter Medikamente wie beispielsweise PPI oder Metformin
Wissenswertes zu Vitamin B12
Was ist Vitamin B12?
Bei Vitamin B12 – oder Cobalamin – handelt es sich um eine Gruppe von Verbindungen aus einem Corrin-Ringsystem und einem zentralen Kobalt-Ion.
Vitaminwirksame Cobalamin-Verbindungen stammen aus tierischen Lebensmitteln, während pflanzliche Lebensmittel wie Algen oder auch Sauerkraut sogenannte Vitamin-B12-Analoga enthalten (siehe unten).
Aufnahme von Vitamin B12 im Körper
Die Enterozyten des Dünndarms können Vitamin B12 nur aktiv aufnehmen, wenn es an den Intrinsic Factor gebunden ist. Den Intrinsic Factor bilden die Belegzellen des Magens.
Bereits im Mund sondern die Speicheldrüsen Haptocorrin ab, um das Säure-anfällige Vitamin B12 zu binden und es vor der Magensäure zu schützen. Allerdings ist die Magensäure notwendig, um an Protein gebundenes Vitamin B12 mittels Pepsin freizusetzen.
Da das Milieu im Duodenum basisch ist, wird der Komplex aus Vitamin B12 und Haptocorrin gespalten. Jetzt bindet das Vitamin an den Intrinsic Factor und kann so von den Darmschleimhautzellen in den Blutkreislauf geschleust werden.
Aufgaben des Vitamin B12
Vitamin B12 tritt beim Menschen in zwei Varianten als Coenzym auf und ist essentiell für viele Stoffwechselprozesse, da es an der Methylgruppenübertragung beteiligt ist. Es beeinflusst den Aminosäuren-, Fettsäuren- und Nukleinsäuren-Stoffwechsel und ist für den Energiestoffwechsel und Zellteilungen von Bedeutung. Beispielsweise reguliert Vitamin B12 – zusammen mit Folat – den Homocysteinspiegel im Blut.
Der menschliche Körper benötigt Vitamin B12 für die Hämatopoese (Blutbildung) und die Myelinsynthese, aber auch für die Proliferation, Reifung und Regeneration von Nervenzellen.
Woher stammt das Vitamin B12?
Natürlicherweise können nur Mikroorganismen wie Bakterien – besonders Darmsymbionten – und Blaualgen Cobalamin synthetisieren. Da Menschen und Tiere Vitamin B12 bevorzugt in der Leber und in den Nieren speichern, sind besonders Innereien gute Vitamin B12-Quellen. Generell enthalten tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milch das essentielle Vitamin.
Deshalb sind Veganer auf eine Vitamin B12-Supplementierung angewiesen. Vegetarier sollten auf einen ausreichenden Verzehr von Milchprodukten und Eiern achten oder ebenfalls auf eine Nahrungsergänzung zurückgreifen.
Schwangere und Stillende sollten ausreichend Vitamin B12 zuführen, da ansonsten das Neugeborene bereits mit einem Vitamin B12-Mangel ins Leben startet.
Pflanzliche Lebensmittel wie Algen (Spirulina) oder Sauerkraut können Vitamin B12-Analoga enthalten, die nicht nur keine Vitamin-Wirkung entfalten, sondern obendrein das Transportsystem für Vitamin B12 blockieren.
Vitamin B12-Malabsorption
Da nur bei gesunder Magenschleimhaut genügend Intrinsic Factor gebildet wird, haben ältere Menschen – trotz ausreichender Vitamin B12-Aufnahme – oft einen Vitamin B12-Mangel aufgrund einer chronischen Gastritis. Eine Hauptursache dafür ist eine Helicobacter pylori-Infection, wie eine Studie festgestellt hat.1
Aber auch eine Teilentfernung des Magens – zum Beispiel eine Magenverkleinerung durch bariatrischen Eingriff – kann für einen Mangel an Intrinsic Factor und einen nachfolgenden Vitamin B12-Mangel verantwortlich sein.
Genauso wichtig ist eine gesunde Darmschleimhaut im terminalen Ileum, da hier die Rezeptoren für den Komplex aus Vitamin B12 und Intrinsic Factor sitzen. Daher gehen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Zöliakie oft mit einem Vitamin B12-Mangel einher.
Eine Supplementierung des Vitamins ist bei einer Teilentfernung des Dünndarms – beispielsweise aufgrund eines Morbus Crohn – angezeigt.
Medikamente beeinflussen Vitamin B12-Spiegel
Bedingt durch die spezielle Aufnahme können Medikamente für eine Vitamin B12-Malsbsorption sorgen:
- Protonenpumpeninhibitoren (PPI) (auch H2-Rezeptor-Antagonisten): Sie setzen die Produktion der Magensäure herab. Das saure Milieu ist aber notwendig, um Pepsin zu aktivieren. Bleibt das Vitamin B12 an Nahrungseiweißen gebunden, kann der Körper es nicht aufnehmen.
- Metformin: Metformin blockiert die Aufnahme vermutlich über mehrere Mechanismen. Für die Bindung an den Vitamin B12-Rezeptor wird Calcium benötigt. Da Metformin als Calcium-Antagonist wirkt, kann im Ileum weniger Vitamin B12 resorbiert werden.
Wie eine Meta-Analyse aus 2019 ergab, haben Patienten unter Metformin-Einnahme ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Vitamin B12-Mangel.2
Wie viel Vitamin B12 am Tag?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für gesunde Jugendliche und Erwachsene eine Vitamin B12-Aufnahme von 4 µg pro Tag. Kinder benötigen weniger, Schwangere und Stillende mehr.
Allerdings lohnt es sich bei vielen Patienten, den Vitamin B12-Spiegel zu kontrollieren, vor allem bei älteren und chronisch kranken. Tipp: Fragen Sie jüngere Patienten, ob sie sich vegan oder vegetarisch ernähren.
Weisen Patienten trotz ausreichender Vitamin B12-Zufuhr einen Vitamin B12-Mangel auf, kann es hilfreich sein, auf das Vorhandensein von Helicobacter pylori zu testen oder die Darmschleimhaut auf Entzündungen zu untersuchen.
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