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FÜR ÄRZTE UND THERAPEUTEN

Weizenabhängige Erkrankungen richtig einordnen

Weizen ist in Deutschland Bestandteil von fast jeder Mahlzeit – egal, ob als Brot, Nudeln oder in der Mehlschwitze. Auch viele Fertigprodukte enthalten den Bestandteil Gluten. Alledings nehmen weizenabhängige Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Völlegefühl zu – bis zu 15 Prozent der Weizen-konsumierenden Menschen sind betroffen1.

Für die reinen weizenabhängigen Beschwerden sind ausschließlich immunologische Reaktionen wie Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität verantwortlich. Sie richten sich gegen unterschiedliche Eiweißbestandteile des Weizenkorns, wobei auch Roggen und Gerste Probleme bereiten.


Stufendiagnostik klärt Ursachen

Getreideprodukte liefern wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine oder Ballaststoffe. Sie wegzulassen, erfordert einige Umstellungen - und einen guten Ernährungsplan, damit keine Mangelerscheinungen auftreten.

Vor Beginn einer diätetischen Maßnahme ist es wichtig, die genauen Ursachen weizenabhängiger Beschwerden abzuklären, um einerseits langfristige Schäden durch eine falsche Ernährung zu verhindern und andererseits unnötige Einschränkungen zu vermeiden.

Unser dreistufiges Diagnostikkonzept klärt die Ursachen verlässlich ab und ermöglicht eine passgenaue Therapie:

Stufe 1: Zöliakie abklären

Laut KIGGS-Studie liegt die Zöliakieprävalenz bei etwa 1 : 100 - ist also häufiger als früher angenommen2. Da aber 80 bis 90 Prozent der Betroffenen nur untypische Symptome aufweisen, wissen viele nichts von ihrer Erkrankung. Sie verzehren weiterhin das für sie unverträgliche Gluten und beeinträchtigen so auf lange Sicht ihre Gesundheit.
Daher steht die Bestimmung der Zöliakie-typischen Antikörper bei Verdacht auf eine Weizenunverträglichkeit an erster Stelle.

Stufe 2: Weizenallergie abklären

Ist eine Zöliakie ausgeschlossen, steht in der nächsten Stufe die Abklärung einer Allergie gegen Weizen an. Während die Betroffenen bei einer IgE-vermittelten Typ-I-Allergie ebenfalls lebenslang auf Weizenprodukte verzichten müssen, ist die Karenz bei einer IgG1-3-vermittelten Typ-III-Allergie in der Regel zeitlich begrenzt.

Stufe 3: Sensitivität gegenüber Weizenlektin abklären

Besteht eine Sensitivität gegenüber Lektinen, sind also IgG-Antikörper gegen das Weizenkeimagglutinin erhöht, profitieren die Betroffenen ebenfalls von einer glutenfreien Diät, die allerdings nicht ganz so streng eingehalten werden muss.


Weizen enthält FODMAPs

Eine weitere Ursache für abdominale Beschwerden nach dem Verzehr von Getreideprodukten - besonders Meteorismus - können die enthaltenen Polyfructane sein. Sie zählen zu den FODMAPs.

Zusammen mit der Weizensensitivität werden die Beschwerden auf FODMAPs mit dem Begriff Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (englisch: Non Celiac Gluten Sensitivity, NCGS) beschrieben, der mit den Symptomen eines Reizdarmsyndroms überlappt.

Neben den Getreideprodukten enthalten auch andere Lebensmittel FODMAPs. Von der Mikrobiota im Darm hängt es ab, ob FODMAPs Beschwerden auslösen.


Was ist wo im Weizenkorn?

Jedes Weizenkorn besteht aus drei Teilen:

  • Frucht- und Samenschale als äußere Umhüllung
  • Keimling
  • Mehlkörper: ca. 90% des Korngewichts

Frucht- und Samenschale enthalten den überwiegenden Teil der Mineral- und Ballaststoffe und auch Vitamine, während der Keimling Eiweiß, Fett und ebenfalls Vitamine liefert. Den Mehlkörper bilden Stärkekörnchen, die vom Gluten - oder Klebereiweiß – zusammengehalten werden. Die Aleuronschicht trennt den Mehlkörper von der äußeren Schale; sie enthält Eiweiß, Fett, Mineralstoffe und Vitamine.

Ausgereifte Getreidekörner bestehen aus etwa 70% Stärke, 10–12% Eiweiß, 2% Fett, 2% Ballaststoffen, 3% Mineralstoffen und 12-14% Wasser:

Während Weißmehl (Type 405) fast nur den Mehlkörper enthält, befinden sich in dunklen Mehlen (Type 1050) auch Schalenteile. Entsprechend enthalten sie mehr Mineral- und Ballaststoffe. Vollkornmehle nutzen das ganze Korn, enthalten also auch den Keimling.


Verwandte Diagnostik-Parameter

Zöliakie

Eine Zöliakie lässt sich über entsprechende Antikörper nachweisen.

Typ-I-Allergie

IgE-Antikörper gegen Nahrungsmittel als Suchtest oder Einzelallergene.

Weizensensitivität

Wizenkeimagglutinin-IgG-Antikörper zeigen eine Weizensensitivität auf Lektine an.